"Nicht dein Schneewittchen": Theater-AG hinterfragt Märchen

Eine neidische Stiefmutter, ein bildschönes Schneewittchen, drollige sieben Zwerge, einige aufregende Hindernisse und am Ende ein Happy End mit dem attraktiven Prinzen – Mit Grimms „Schneewittchen“ wachsen auch heute noch viele Kinder auf. Lehrerin Arja Baindner hat gemeinsam mit der Theater-AG am Gymnasium Balingen das Märchen genauer unter die Lupe genommen und mit ihren 18 jugendlichen Schauspielerinnen festgestellt, dass da so einiges mit dem Frau-Sein von heute nicht in Einklang zu bringen ist.

An zwei Abenden präsentierte das in diesem Jahr weibliche Theater-Team ein kurzweiliges Stück, das den Stoff der Brüder Grimm mit aktuellen Liedern von Shirin David und Taylor Swift sowie multimedialen Elementen und Slow-Motion-Szenen verknüpft. Unterhaltsam unterbricht eine moderne junge Frau wiederholt die Inszenierung und führt den Schauspielerinnen und dem Publikum energisch vor Augen, welche Alternativen es zum Plot gibt. Schneewittchen als Haushaltshilfe der sieben Zwerge oder doch lieber in einer WG mit Putzplan? Sofortige Hochzeit mit dem Prinzen? Die kennen sich doch gar nicht!

Ein Höhepunkt der Inszenierung von Arja Baindner, die sich auch in diesem Jahr an den Interessen und Bedürfnissen der Jugendlichen in der Theater-AG orientiert hat, ist der beeindruckende Monolog, an dem alle Schauspielerinnen teilnehmen. Angelehnt an Glorias Monolog aus dem aktuellen „Barbie“-Film werden wichtige Fragen zum Frau-Sein gestellt und gleichzeitig vor Augen geführt, unter welchem Druck auch junge Mädchen stehen: „Du musst dünn sein, aber nicht zu dünn. Du musst führen, aber andere nicht unterdrücken. Du darfst nicht versagen, du darfst keine Angst zeigen...“

Am Ende eines begeisternden Abends weicht die Inszenierung einmal mehr vom traditionellen Märchenmuster ab. Die böse Stiefmutter wird für ihre Verhalten nicht verachtet und bestraft, sondern eingeladen, sich zu entwickeln und zu hinterfragen: weibliches Empowerment auf allen Ebenen. Die moderne „Nicht dein Schneewittchen“-Inszenierung ermutigt, Geschichten und Gesellschaftsstrukturen zu hinterfragen und auch unbequem zu sein.

Zurück