Landtagsvizepräsident begeistert am GymBal für Demokratie
Presseartikel aus dem Schwarzwälder Boten (18.02.2025) von Silke Thiercy:
„Das ist ein Skandal“, begann Landtagsvize Daniel Born seine Rede vor Elftklässlern des Gymnasiums. Schüler bräuchten ein langes Wochenende, am Montag sollten sie zu Hause bleiben. Das freilich war nur gespielt. Abgestimmt wurde dennoch.
BALINGEN Wie arbeitet der Landtag? Wenn einer es weiß, dann ist es Daniel Born (SPD). Der leidenschaftliche Demokrat, wie er sich selbst bezeichnet, ist Vizepräsident des baden-württembergischen Landtags. In dieser Funktion trat er am Montag im Erdkundesaal des Gymnasiums an. Mit dabei waren auch Bürgermeister Ermilio Verrengia und Manuel Hailfinger, der für die CDU im Landtag sitzt. Bei Debatten kann es auch mal laut zugehen Born hätte einen drögen Vortrag halten können. Stattdessen holte er die Jugendlichen auf Augenhöhe ab und inszenierte eine Landtagssitzung, teilte die Schüler in Fraktionen ein und benannte sogar eine Schülerin zur Landtagspräsidentin, die für Ruhe im Plenum zu sorgen hatte. Die Kids merkten schnell: Bei Debatten und Abstimmungen geht es schon mal laut zu, aber anders als im Fußballstadion. Das macht dem Politiker in dieser Zeit Hoffnung Die Debatte um den freien Montag war Show – das seien die Sitzungen im Landtag ganz und gar nicht, so Born. „Das ist eine Berufung, es lohnt sich, respektvoll und wertschätzend zu streiten“, so der Politiker. Von Hailfinger kam zustimmendes Kopfnicken – im Plenarsaal vertreten die beiden auch konträre Meinungen, privat verstehen sie sich blendend, wie Born verriet. „Am Schluss verbindet einen mehr, als einen trennt.“ Für Born ist es eine große Ehre, Politiker im Landtag zu sein. „Das ist schon eine krasse Verantwortung.“ Man bestimme als Vertreter für mehr als elf Millionen Menschen in Baden-Württemberg. „Das macht man nicht mal eben mit Hand heben“, verriet er den Schülern. „Zur Abstimmung steht man auf.“ Die Jugendlichen hatten sich auf die ungewöhnlichen Unterrichtsstunden vorbereitet und Fragen im Gepäck. Die Schülersprecher Alexander Egermann und David Gauger übernahmen die Moderation. Warum er in die Politik gegangen sei wollte ein Mädchen wissen. Born wartete mit einer Anekdote auf: 1975, als er gerade mal ein halbes Jahr alt war, demonstrierten seine Eltern für die SPD. Der Kinderwagen war plakatiert, „Weiter für Deutschland“ sei dort unter den Bildern von Helmut Schmidt gestanden. „Und im Wagen lag ich, ich war ein sehr fettes Baby.“ Endgültig zur Politik gefunden habe er als Zehntklässler: Als Reaktion auf den rassistisch motivierten Brandanschlag auf ein Asylbewerberheim in Hoyerswerda 1991 organisierten er und seine Klassenkameraden eine Demo. „Wir dachten, da kommen nur wir und ein paar Kumpels“, erinnerte er sich. Dann aber waren Tausende da und das habe ihm gezeigt: „In unserer Demokratie kann jeder den Unterschied machen.“ Was ihm denn Hoffnung mache, wollte ein Junge wissen. Wieder berichtete Born anschaulich und erzählte von seiner Reise nach Kiew. „So vieles ist zerstört dort, aber vieles wird bereits wieder aufgebaut.“ Die Menschen würden nie aufgeben und wenn man ehrlich sei: „Niemand will sich auf einem Schlachtfeld kaputt schießen lassen.“ Darüber könne man als Demokrat auch abstimmen. Apropos Abstimmung: Borns „Antrag“ auf den unterrichtsfreien Montag wurde abgeschmettert – mit überraschend großer Mehrheit.
Presseartikel aus dem Zollern-Alb-Kurier vom 20.02.2025 von Claudia Renz
Warum für den Landtagsvize Neutralität oberste Priorität hat
Von Politikverdrossenheit der Jugend war beim Besuch des Landtagsvizepräsidenten Daniel Born am Gymnasium Balingen nichts zu spüren. Im Gegenteil – die Schüler löcherten ihn mit Fragen.
Balingen Hätte man die Schüler der Kursstufe eins vor kurzem gefragt, wer Daniel Born ist, hätten höchstwahrscheinlich alle den Kopf geschüttelt. Seit Montag sieht das anders aus.
Der Vizepräsident des Landtags Baden-Württemberg machte eine Stippvisite in Balingen. Born erzählte von seinen Aufgaben im Landtag und dass die Neutralität die oberste Priorität der Funktion des Landtagsvizepräsidenten sei.
Die Schülersprecher David Gauger und Alexander Egermann moderierten die Diskussionsrunde und die 16- und 17-jährigen Gymnasiasten löcherten den Politiker mit vielen Fragen. Politikverdrossenheit war in dieser Runde nicht zu spüren. Schulleiterin Michaela Mühlebach-Westfal, ihr Stellvertreter Steffen Lang und der zuständige Lehrer Matthias Schulze erlebten ihre Schützlinge aktiv und interessiert. Die Motivation, politisch aktiv zu werden, wurde dem Juristen David Born praktisch in die Wiege gelegt. Den ersten Wahlkampf erlebte er, wie er berichtete, als „SPD-Baby“ im Kinderwagen, in der zehnten Klasse demonstrierte er gegen rechts und mobilisierte viele Gleichgesinnte. Borns Vorbild ist die Mitbegründerin der Arbeiterwohlfahrt, Marie Juchacz.
Der CDU-Landtagsabgeordnete Manuel Hailfinger war ebenfalls Gast der Diskussionsrunde und hätte gerne einmal Helmut Kohl, der die Deutsche Einheit 1989 eingefädelt hat, getroffen. Bürgermeister Ermilio Verrengia würde gerne einmal Angela Merkel zu einem 4-Augen-Gespräch einladen.
In einem ganz persönlichen Statement äußerte sich Born zu seinem Outing mit 14 Jahren und die Bedeutung des durch Demokratie durchgesetzten Gleichbehandlungsgesetzes für alle queeren Menschen, das er im Landtag begleiten durfte – was die jungen Gymnasiasten mit Beifall kommentierten.
Wie wird man Landtagspräsident, wie wahrt man die Neutralität oder wie könnte man gegen Nichtwähler vorgehen? Das wurde in der Fragestunde genauso thematisiert wie Stuttgart 21, erneuerbare Energien, der Krieg in der Ukraine, die Wehrpflicht und die Migration.
Sachlich und ausführlich beantwortete der 50-jährige Landtagsvize alle Punkte. Auf dem Land brauchen die Jugendlichen mehr Initiative, um von den Politikern gehört zu werden, findet er. „Werden Sie selbst aktiv“, lautete sein Vorschlag – genauso wie in den sozialen Medien, die nicht als Plattform für Hass und Hetze, sondern dafür da sind, „dass wir hier deutlich machen, was wir falsch finden“. Sachlich, respektvoll und wertschätzend. „Sorgen Sie dafür, dass nicht nur die gehört werden, die laut sind“, lautet seine Intension.
Daniel Born lebt sein Mandat als Politiker und seine Arbeit im Landtag. „Es ist eine erfüllende Arbeit, die alle gemeinsam im Landtag leisten. Ich lade Sie gerne ein, sich darüber bei einem Praktikum selbst ein Bild zu machen“, versprach Born. Die jungen Zollernälbler hörten dem charismatischen Politiker gerne zu und der Dialog wurde als positiv bewertet.
Bei der bevorstehenden Bundestagswahl dürfen zwar nur die 18-Jährigen an die Urne, doch das sollte gerade erst recht Mut machen, aktiv zu werden. „Die meisten Regime auf der Welt haben keine Demokratie, lassen Sie sich die Demokratie nicht kaputt reden“, appellierte Born. Mit den Worten: „Übernehmen Sie Verantwortung, erheben Sie Ihre Stimme, dass die Welt sie hört“, verabschiedete sich David Born von seinem jungen Publikum.
Bild von C. Mühling