Kanye West statt mündliche Abiprüfung?

 

Kanye West statt mündliche Abiprüfung?

Julia Fauser gewinnt Wettbewerb!

 

Zu einem Termin nach dem anderen wird die Balingerin Julia Fauser seit Januar eingeladen. Die angehende Abiturientin hat nämlich beim Wettbewerb „Christentum und Kultur“ mit ihrer eingereichten Arbeit den zweiten Preis gewonnen und wurde dafür nicht nur geehrt, sondern deshalb auch fleißig interviewt.

Der lokalen Presse berichtete Julia detailliert über ihren Beitrag mit dem Titel „Umbrüche und Neuanfänge in der Kirche. Wie könnte die Kirche von morgen aussehen? Wie begeistert man Jugendliche für Kirche?“. Dabei untersuchte sie die Bedeutung von Musik für den christlichen Glauben – und im Rahmen der „Christian Contemporary Music“, kurz „CCM“ eben auch Texte des bekannten und umstrittenen Rappers Kanye West.

Wer oder was hat die 18-Jährige aber dazu gebracht, bei diesem Wettbewerb mitzumachen? Hier wird es spannend, denn Julia ist weder getauft noch gläubig, wie sie erzählt. Im Religionsunterricht stellte Lehrerin Monika Krieg zu Schuljahresbeginn ihrem Kurs den Wettbewerb, die Themen und damit auch die Möglichkeit einer so genannten „Besonderen Lernleistung“ vor. Und spätestens hier wurde Julia Fauser hellhörig. Der Reiz, sich in ein neues Thema einzuarbeiten, und die Aussicht, die Wettbewerbsteilnahme als „Besondere Lernleistung“ für das Abitur anrechnen lassen zu können, gaben schließlich den Ausschlag. Im Zeitraum von November 2021 bis Juli 2022 ging Julia auf Recherche und schrieb schließlich ihren 33 Seiten umfassenden Text. „Ich habe es dann gemacht, wann ich Lust hatte“, blickt sie zurück. Begleitet hat sie dabei ein Notizbuch, in das sie immer Gedanken und Ideen notiert hat, sobald sie ihr eingefallen sind: „Unterwegs oder abends im Bett, das war ganz unterschiedlich.“ Lachend erklärt sie, dass sie aus der Arbeit eine Menge mitnimmt: „Ich würde heute ganz anders rangehen und wäre wohl zielstrebiger.“ Besonders herausfordernd war nämlich die Recherche, da es keine deutsche Literatur zu dem Thema gibt. Und so waren auch Bibliotheken – nicht mal per Fernleihe -  wenig hilfreich. Vieles musste sich Julia über das Internet und in mühevoller Kleinarbeit besorgen. „Meine Englischkenntnisse habe ich auf jeden Fall verbessert“, schmunzelt die Spitzenschülerin.

Julia hat nun die Möglichkeit, eine ihrer mündlichen Abiturprüfungen durch die „Besondere Lernleistung“ (BLL) zu ersetzen. Entscheidend sei hierbei das Oberstufen- bzw. Abiturniveau der entsprechenden Aufgabe, wie Schulleiterin Michaela Mühlebach-Westfal erklärt. Mit der Hausarbeit allein war es für Julia aber nicht getan. Diese geht zur Hälfte in ihre Note ein, die Dokumentation ihrer Vorgehensweise sowie das mündliche Kolloquium bilden die andere Hälfte. Letzteres hat sie erst kürzlich absolviert: „Die 10 Minuten Präsentation und die 10 Minuten Fragen durch die Prüfungskommission, zum Beispiel durch meine Lehrerin Frau Krieg, vergingen wie im Flug“.

Derartige Wettbewerbe gibt es natürlich in verschiedenen Fächern, zum Beispiel beim „Landeswettbewerb Deutsche Sprache und Literatur“ oder auch „Jugend forscht“ in naturwissenschaftlichen Fächern, wie Schulleiterin Michaela Mühlebach-Westfal erklärt. Eine andere Möglichkeit stelle der sogenannte Seminarkurs dar: „Dieser kann ebenfalls eine mündliche Abiprüfung ersetzen. Und im Unterschied zum Wettbewerb, begleitet und betreut eine Lehrkraft die Seminarkurs-Teilnehmer*innen bei ihrer Arbeit.“ Das ist ganz besonders interessant, da Schüler*innen seit dem Abitur 2021 im Regelfall zwei mündliche Prüfungen ablegen müssen. Da macht es schon einen Unterschied, ob man sich innerhalb kurzer Zeit auf ein oder auf zwei Fächer vorbereiten und anschließend eine oder zwei Prüfungen absolvieren muss.

Julia Fauser plant, ihren Wettbewerbserfolg im Abitur anrechnen zu lassen: „ Eine mündliche Abiprüfung reicht doch aus...“

 

 

 

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